Etwas mehr als ein Jahr ist vergangen, seitdem Angela Merkel verkündete »Wir schaffen das!«.
Dennoch geht die Integration von Flüchtlingen in den hiesigen Arbeitsmarkt nur langsam voran: Auch von den Neuankömmlingen, die mit einem abgeschlossenen Studium nach Deutschland kommen. Häufige Schwierigkeiten sind vor allem die Anerkennung der bisherigen Studienleistungen, bürokratische Hindernisse und – eben auch – fehlende Sprachkenntnisse.
Gleichzeitig gibt es einen großen Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern in der Wirtschaft, vor allem in der IT-Branche oder im »Zuliefersegment«. Um beide Seiten, die Industrie und die Flüchtlinge, zusammenzuführen, haben sich die School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) der Steinbeis-Hochschule, der Landesverband der baden-württembergischen Industrie (LVI) und das Landratsamt Böblingen zusammengetan. Sie haben ein Modell geschaffen, mit dem Flüchtlinge als duale Studenten in der Wirtschaft angestellt werden. Die Hochschule vermittelt Flüchtlinge, die mit einem ersten Studienabschluss nach Deutschland gekommen sind in die Wirtschaft und ermöglicht zugleich einen international anerkannten Abschluss. Im Rahmen des berufsintegrierten Management-Studienganges wird angeleitet, in den Arbeitsmarkt integriert und außerdem die notwendige Sprachfertigkeit vermittelt.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz erläuterten Vertreter der drei beteiligten Institutionen das Modell:
»Diese Initiative ist eine große Chance, sowohl für unseren Landkreis, als auch für die Flüchtlinge, denen das praxisnahe Studium eine neue Perspektive bietet«, so Landrat Roland Bernhard. »In 24 Monaten läuft parallel, was sonst viele Jahre dauert: Ein Studium mit deutschem Bildungsabschluss, Praxis- und Berufserfahrung und der Erwerb von ausreichend Deutschkenntnissen um mittel- und langfristig im Arbeitsalltag zu bestehen.«
Wolfgang Wolf, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des LVI, ergänzt: »Das Projekt hat einen sehr hohen sozioökonomischen Stellen- und Mehrwert. Nach ihrem Abschluss haben die Absolventen eine große Chance, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und sich ganzheitlich zu integrieren«. Denn, darin sind sich Experten einig, am Arbeitsplatz gelingt Integration erfahrungsgemäß am besten. Darüber hinaus erhalten die Teilnehmer neben dem Management-Studium intensiven Deutschunterricht und Softskill-Trainings. Mitarbeiter der Hochschule coachen die Studierenden, geben Hilfestellungen, organisieren Lerngruppen und bieten nach Bedarf individuelle Unterstützungsangebote an. Die Seminare werden auf Englisch angeboten und online durchgeführt. Bewerben können sich also in einem ersten Schritt alle akademisch vorgebildeten Flüchtlinge mit guten Englischkenntnissen. Prinzipiell ganz ortsunabhängig.
Potentielle Teilnehmer werden aktuell vor allem über Helferkreise und Arbeitsämter angesprochen und in den teilnehmenden Unternehmen als Praktikanten eingestellt. Die Unternehmen zahlen ein Gehalt von mind. 1.300€/Monat und übernehmen die Studiengebühren von monatlich 940€. Flüchtlinge aller Fachrichtungen (Natur-, Geistes-, Wirtschaftswissenschaftler …) können teilnehmen.
»Bei uns können die Studenten dort anknüpfen, wo sie in ihrem Heimatland aufhören mussten.« führt Prof. Dr. Dr. h. c. Werner G. Faix, geschäftsführender Direktor der SIBE in Herrenberg, weiter aus und hofft auf zahlreiche Empfehlungen aus weiteren Helferkreisen.
Ansprechpartner der Hochschule ist Bernhard Seidl unter (0) 176 – 416 418 37 bzw. perspectives(at)steinbeis-sibe.de. Informationen finden sich auf unserer Programmseite.