Historisch betrachtet ist eine Kompetenz eine Zuständigkeit oder eine Fähigkeit. Heutzutage sind viele genauere und unterschiedliche Definitionen des Begriffs zu finden. So beschreibt Prof. Dr. John Erpenbeck, Inhaber des Lehrstuhls Kompetenzmanagement an der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) der Steinbeis-Hochschule Berlin, Kompetenzen als die „Fähigkeit zum selbstorganisierten, kreativen handeln in offenen und unbekannten Situationen“. Nach Erpenbeck wird diese Fähigkeit über das fachliche Wissen fundiert. Eine Kompetenz kann also als das bewusste Lösen von unbekannten Problemsituationen mit Hilfe von erlerntem Wissen und verinnerlichten Regeln, Werten und Normen, bezeichnet werden.
In der englischen Sprache gibt es zwei verschiedenartige Kompetenzbegriffe. Hier wird zwischen Competence und Competency unterschieden. Competence beschreibt hierbei die umgangssprachliche Wahrnehmung einer kompetenten Person. Es sind also rein kognitive Faktoren relevant, die im klassischen Sinne messbar sind, beispielsweise die PISA-Kompetenzen. Competency erweitert diese kognitive Definition um nicht-kognitive Faktoren wie den Charakter und das Temperament einer Person. In Deutschland findet eine solche begriffliche Abgrenzung nicht statt.
Kompetenzen entwickeln sich immer und überall, stetig und unbewusst weiter, z.B. beim Sport oder der Arbeit, sagt Silke Keim, ehemalige Head of Competency Management an der SIBE. Durch Training sei jedoch eine gezielte (Weiter-) Entwicklung ebenfalls möglich. Prof. Dr. Erpenbeck beschreibt dieses Training als die Entwicklung durch Lernen und Anwenden. Eine Person sollte „emotional labilisert“, also durch unbekannte Situationen aus der eigenen Komfortzone geholt, werden. In der bewussten Anwendung von Wissen, Regeln, Werten und Normen, zur Lösung eines Problems, in einer solchen, komfortlosen Situation, werden Kompetenzen (weiter-) entwickelt.
Führungskräfte sollten verschiedene Kompetenzen aufweisen, je nach Quelle auch verschieden viele. Spencer und Spencer sprechen von circa 200 Kompetenzen, während McClelland von 100 Kompetenzen ausgeht, die eine Führungskraft besitzen sollte. Die SIBE hat anhand einer Befragung von Führungskräften, im Jahr 2012, 16 Kompetenzen erarbeitet, die notwendig sind, um erfolgreich zu führen.
Darunter beispielsweise das ergebnisorientierte Handeln, die Teamfähigkeit oder das Durchsetzungsvermögen.
Die sogenannten SIBE-Management Kompetenzen werden im Rahmen des Studienmodells der SIBE, dem Experience Based Curriculum (EBC), gezielt weiterentwickelt. Diese Weiterentwicklung untersuchte Silke Keim während ihres Promotionsstudiums an der Ludwig-Maximillians Universität München. Sie wertete knapp 1000 KODEx-Tests aus, um aufzuzeigen, inwiefern die Kompetenzen durch das Studienkonzept ausgebildet werden. KODEx ist ein Verfahren, bei dem durch Eigen- und Fremdeinschätzungen die individuelle Nutzung von Kompetenzen gemessen wird.
Kompetenzen und deren gezielte Entwicklung werden für Führungskräfte, in der Zukunft, immer wichtiger.
„Wenn ich früher etwas wusste, hatte ich die Macht. Heute haben viel mehr Personen Zugang zu Wissen“, sagt Keim. „Eine Führungskraft muss kein Experte mehr sein, sondern vor allem Menschen führen können. Sie muss also in (ergebnis-) offenen Situationen die angemessenen Kompetenzen abrufen können“, führt Keim weiter aus. Die grundsätzlichen Voraussetzungen um eine Führungskraft zu werden, werden sich demnach in Zukunft ändern. Bereits jetzt findet ein Umschwung, weg vom Wissen, hin zu Kompetenzen, statt.